Der chinesische Onlinehändler Alibaba gilt als das große Ding im E-Commerce. Doch Hybris ist letzte, was Gründer Jack Ma aktuell braucht. Er warnt vor Übermut. Und tatsächlich: Es droht Ärger von der amerikanischen Börsenaufsicht.Von Mirjam Hecking für manager-magazin.de
Peking - Zu Beginn des neuen chinesischen Mondjahres regnet es für Angestellte in der Regel sogenannte „rote Umschläge“ - üppige Geldgeschenke, mit denen sie für ihre Arbeit im vergangenen Jahr entlohnt werden. Die Beschäftigten von Alibaba Chart zeigen werden dieses Jahr laut „Wall Street Journal“ allerdings leer ausgehen. Statt ihnen einen prall gefüllten Umschlag zu überreichen, holte sie ihr Chef Jack Ma - dem erfolgreichen Börsengang zum Trotz - auf den Boden der Tatsachen zurück.
Im vergangenen Jahr sei Alibaba weder für „außergewöhnliche Resultate“ noch sonst irgendwelche Überraschungen gutgewesen, begründete Ma sein Vorgehen auf seinem Blog. Gründe, die rot verpackte üppige Sonderzahlungen zum Beginn des neuen Mondjahres gerechtfertigt hätten. Der Börsengang sei das Resultat von 15 Jahren Arbeit - und abgesehen davon „sind wir mit unseren Ergebnisse 2014 nicht so zufrieden, dass wir rote Umschläge verteilen sollten“, zitierte das „Wall Street Journal“ aus Mas Blog.
„Kritische Phase“ für Alibaba
Ma warnte seine Angestellten davor, sich von „trügerischen Ruhm“ davontragen zu lassen. Alibaba befinde sich in der „kritischsten Phase seiner 15-jährigen Geschichte“ und sei „weit weniger groß und mächtig, als die Welt da draußen denkt“.
Vielmehr leide der Onlinehändler an allen typischen Problemen und Frustrationen großer Unternehmen. „Es existiert eine enorme Lücke zwischen den Erwartungen, die die Welt da draußen an uns hat, und unseren tatsächlichen Fähigkeiten.“
Neu sind die bescheidenen Töne Mas nicht. Und wohl auch nicht völlig grundlos. Die Aktie hat zuletzt deutlich abgegeben. Und auch das Wachstum blieb im abgelaufenen Quartal hinter den Erwartungen zurück, was vor allem einer Schwäche Alibabas im immer wichtiger werdenden Mobilmarkt geschuldet sein dürfte.
Um hier gegenüber den Rivalen Tencent und JD.com Boden gut zu machen, stieg Alibaba erst kürzlich für rund 520 Millionen Euro beim Smartphonehersteller Meizu ein. Zudem startete die Bezahltochter Alipay gerade eine Plattform, über die Firmen die „roten Umschläge“ zusammenstellen und über den in China extrem populären Messaging-Dienst WeChat versenden können.
Auch im Bereich Cloud Computing, bei der Logistik sieht Ma Verbesserungsbedarf
Post von der US-Börsenaufsicht SEC
Vor allem aber dürfte Nachrichten aus den USA Ma die Stimmung verhagelt haben. Wie das „Wall Street Journal“ berichtet, hat die amerikanische Börsenaufsicht SEC von Ma Informationen bezüglich Interaktionen mit den chinesischen Aufsichtsbehörden im Vorfeld des Rekord-IPOs im September angefordert.
Bei dem bislang größten Börsengang an der New York Stock Exchange hatte der Onlinehändler rund 25 Milliarden Dollar bei Investoren eingesammelt. Der Wert des Unternehmens wurde damit auf 259 Milliarden Dollar geschätzt.
Hat Ma mit offenen Karten gespielt?
Nun sind aber offenbar Zweifel aufgekommen, ob Ma dabei mit offenen Karten gespielt hat. Im Januar hatten die chinesischen Regulierungsbehörden Dokumente veröffentlicht, die darauf hinweisen, dass es bereits im Juli - und damit deutlich vor dem US-Börsengang - Gespräche wegen Fälschungen auf der chinesischen Handelsplattform gegeben haben soll.
Nach Ansicht von Alibaba handelte es sich dabei um keinen außergewöhnlichen Vorgang, den der Händler zusätzlich zu allgemeinen Hinweisen über die Fälschungsproblematik in den Börsenprospekt hätte aufnehmen müssen. Die SEC könnte da allerdings anderer Meinung sein.
Anfragen der SEC im Nachgang eines IPO sind allerdings nicht ungewöhnlich. Auch Facebook Chart zeigen sah sich nach seinem Börsengang 2012 mit entsprechenden Nachforschungen konfrontiert. Damals ging es um Angaben zu Werbeumsätzen und technischen Pannen. Im Jahr 2014 wurde die Untersuchung dann aber fallengelassen.
Nachdem Alibaba sich bereit erklärt hatte, im Kampf gegen Fälschungen mit den Behörden zusammenzuarbeiten, hatten diese das kritische Whitepaper wieder zurückgezogen.
Egal wie die SEC-Untersuchung ausgeht, ganz leer werden die Alibaba-Beschäftigten trotz der auffälligen Bescheidenheit ihres Chefs auch in diesem Jahr nicht ausgehen. Eine Jahresendprämie, ähnlich dem deutschen Weihnachtsgeld, in Höhe rund eines Monatsgehaltes, will Ma seinen Beschäftigten trotzdem zahlen.